Privates Medizinstudium: wertvolle Ergänzung zum Studienplatzangebot an staatlichen Universitäten

Prof. Dr. med. Karl Oldhafer, Repräsentant des Dekans der Medizinischen Fakultät und des Rektors der Semmelweis Universität am Asklepios Campus Hamburg, im Gespräch über den Stellenwert privater Medizin-Fakultäten mit Prof. Dr. med. Thilo Wedel, Direktor des Anatomischen Institutes und Leiter des Zentrums für Klinische Anatomie an der Medizinischen Fakultät der Universität Kiel

Private Hochschulen waren noch nie so beliebt wie heute. Das zeigt eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) aus Juni 2023, die gemeinsam mit dem Verband der Privaten Hochschulen entstanden ist: Rund 343.000 Menschen studierten hier zuletzt, das entspricht rund 11,6 Prozent aller Studierenden in Deutschland – trotz Studiengebühren.

Auch im Bereich der Medizin gibt es einige private Alternativen zu den Medizin-Fakultäten der staatlichen Universitäten – wie auch den Asklepios Campus Hamburg der Semmelweis Universität (ACH). Über den Stellenwert privater medizinischer Hochschuleinrichtungen sowie Besonderheiten beider Optionen hinsichtlich der Medizin-Lehre sprach Prof. Dr. med. Karl Oldhafer, Repräsentant des Dekans der Medizinischen Fakultät und des Rektors der Semmelweis Universität am Asklepios Campus Hamburg, mit Prof. Dr. med. Thilo Wedel, Direktor des Anatomischen Institutes und Leiter des Zentrums für Klinische Anatomie an der Medizinischen Fakultät der Universität Kiel. 

"Legitimes Rezept gegen den Ärzt:innenmangel"

Prof. Oldhafer und Prof. Wedel
Zwei Professoren im Interview © Prof. Oldhafer und Prof. Wedel

Prof. Dr. Oldhafer: Wie sehen Sie den Stellenwert der privaten Medizin-Fakultäten in Deutschland bezüglich der Ausbildung der zukünftigen Mediziner:innen? 

Prof. Dr. Wedel: Die privaten Medizin-Fakultäten sind – wie in vielen anderen Ländern – auch in Deutschland aus der universitären Ausbildungslandschaft nicht mehr wegzudenken. Diese Einrichtungen versuchen, den steigenden Bedarf an Ärztinnen und Ärzten zu decken, die unsere immer älter und damit auch kränker werdende Gesellschaft dringend braucht. Demgegenüber stehen leider immer noch zu wenige Medizinstudienplätze an staatlichen Hochschulen zur Verfügung. Und der erschwerte Zugang zum Studium durch den Numerus clausus – zurzeit liegt dieser bei etwa 1,0 – führt dazu, dass sich viele befähigte und motivierte junge Menschen an private Medizin-Fakultäten wenden oder ins Ausland gehen müssen. Mit anderen Worten: Ein Medizinstudium an privaten Hochschulen ist ein legitimes Rezept gegen den Ärzt:innenmangel und für den ambitionierten Nachwuchs ohne Super-Abitur. 

"Fundiertes, gut strukturiertes und praxisorientiertes Curriculum am ACH"

Hörsaal Studierende Lehrende Vorlesung

Prof. Dr. Oldhafer: Sie haben eigene Erfahrungen in der Familie machen können, Ihre Tochter hat im Sommer 2023 ihr Diplom bei uns am Asklepios Campus Hamburg (ACH) verliehen bekommen. Wie schätzen Sie die Qualität der medizinischen Ausbildung am ACH ein? 

Prof. Dr. Wedel: Die erste ernüchternde Erfahrung war zunächst, dass unsere Familie Studiengebühren stemmen musste, die an staatlichen Universitäten nicht anfallen. Mir wurde da wieder klar, welches Privileg wir in Deutschland im internationalen Vergleich haben, grundsätzlich gebührenfrei studieren zu können. Zwar gibt es für gebührenpflichtige Studienplätze vergünstigte Studiendarlehen – aber ein wie im angloamerikanischen Sprachraum verbreitetes Stipendienwesen fehlt in Deutschland. Andererseits ist die Investition in die Ausbildung unserer Kinder wahrscheinlich die sinnvollste, die es gibt – erst recht, wenn sich dadurch der Wunschberuf ermöglichen lässt. 

Die zweite Erfahrung war meiner Einschätzung nach allerdings eine sehr positive: Das Curriculum des Asklepios Campus Hamburg entspricht dem der anerkannten Semmelweis Universität in Budapest und ist fundiert, gut strukturiert und praxisorientiert. Der Unterricht findet in kleinen Gruppen, interaktiv und mit perfekter multimedialer Ausstattung statt. Die regelmäßigen Prüfungen stellen sicher, dass die Studierenden den Lernstoff nicht zu lange vor sich herschieben, sondern häppchenweise gut verarbeiten, verdauen und verinnerlichen können. Und das Wichtigste: Die Dozierenden betrachten ihre Lehrleistung nicht als „lästige Verpflichtung“, sondern sind überwiegend hochmotiviert und didaktisch versiert. Viele von ihnen sind mir als ärztliche Kolleginnen und Kollegen aus fachlichen Kooperationen, Weiterbildungskursen und Kongressen bekannt. Aus diesen persönlichen Erfahrungen weiß ich, dass sie nicht nur hochqualifizierte klinische Versorgung anbieten, sondern sich mit Herzblut für eine engagierte und innovative Lehre einsetzen. Und diese Kombination war schon immer der Schlüssel für eine erfolgversprechende medizinische Ausbildung. Entsprechend brauchen sich die Studienabgänger des Asklepios Campus Hamburg keine großen Sorgen um eine Stelle machen... 

"Der Ball muss rollen – ob staatlich oder privat"

Innovative Lehrmethoden

Prof. Dr. Oldhafer: Worin sehen Sie den Unterschied, sofern Sie einen wahrnehmen, zwischen staatlichen und privaten Medizin-Fakultäten bezüglich der Lehre? 

Prof. Dr. Wedel: Gute Lehre braucht immer zwei intrinsisch motivierte Partner, die sich die Bälle so zuspielen, dass möglichst viele Tore fallen: die Dozierenden und die Studierenden. Das kann zwar für alle Beteiligten schweißtreibend sein, aber auch gleichermaßen befriedigend. Unbefriedigend wird es, wenn keiner Lust hat, aufs Spielfeld zu gehen, der Ball nicht rollt oder gar ins Aus geschossen wird. Diese verschiedensten Szenarien lassen sich grundsätzlich sowohl in staatlichen als auch in privaten Medizin-Fakultäten besichtigen. 

Die staatlichen Universitäten unternehmen aktuell – u. a. auch durch die zurückliegende Corona-Pandemie getriggert – große Anstrengungen, ihre Lehre zu verbessern und an die neue Generation von Studierenden zu adaptieren. Das erlebe ich auch ganz konkret an unserer Medizinischen Fakultät in Kiel: Die Einführung bzw. Etablierung von Lehrevaluationen, Lehrpreisen, Lehrinnovationen, Lehrfonds und Lehrtrainings ist ein guter Beleg dafür, dass neben dem hohen wissenschaftlichen Output einer Universität auch vermehrt Wert auf exzellente Lehre gelegt wird. Und diese Hebel wurden von Anfang an auch am Asklepios Campus Hamburg ganz bewusst umgelegt – davon konnte ich mich überzeugen.  

Private Medizin-Fakultäten haben einerseits häufig die Vorteile, dass die Studierendenkohorten kleiner, die fachliche Betreuung persönlicher und die Erwartungshaltungen an die Dozierenden und die Studierenden naturgemäß größer sind. Andererseits sollten diese Institutionen darauf achten, dass deren Fachvertreterinnen und -vertreter nach dem universitären Prinzip der Bestenauslese rekrutiert werden und ihr Metier nicht nur klinisch, sondern auch akademisch und didaktisch beherrschen. Und wenn schon Studiengebühren, dann müssen diese auch direkt der Lehre zugutekommen. Aber ob nun privat oder staatlich – am Ende ist entscheidend, dass der Ball rollt! 

Prof. Dr. Oldhafer: Könnten Sie als Hochschullehrer sich vorstellen, an einer privaten Medizin-Fakultät zu unterrichten? 

Prof. Dr. Wedel: Vor mir liegt noch etwa ein Jahrzehnt als Hochschullehrer an einer staatlichen Medizin-Fakultät – und der werde ich sicherlich treu bleiben. Denn ich finde hier ein optimales akademisches und didaktisches Umfeld, ein engagiertes Mitarbeiter:innenteam und motivierte Studierende vor, um guten Unterricht in meinem Fach anzubieten. Allerdings können wir durchaus von einigen Lehrstrategien der privaten Medizin-Fakultäten lernen und die eigene Lehrumgebung modifizieren. Denn nicht nur in der Forschung, sondern auch in der Lehre beleben die Konkurrenz bzw. die Innovationen anderer das eigene Geschäft. 

Unabhängig von meinem Commitment gegenüber meiner Heimatfakultät würde ich jedoch Dozierenden vor einem Wechsel an eine private Medizin-Fakultät empfehlen, eine akademische Laufbahn an einer staatlichen Universität zu durchlaufen oder phasenweise mitzuerleben. Mir selbst hat diese Prägung sehr geholfen, nicht nur ein eigenständiges wissenschaftliches Profil zu erlangen, sondern auch wertvolle didaktische Erfahrungen zu sammeln und an Vorbildern gute Lehre zu lernen. Und da lernt man nie aus – auch als Lehrender... 

Prof. Dr. Oldhafer: Vielen Dank für das Gespräch! 

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